Letzte Aktualisierung: 01.01.2025 03:05:45
RLS verstehen
Das Restless Legs Syndrom – abgekürzt RLS – ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen des Nervensystems. Übersetzt steht der Begriff „Restless Legs“ für ruhelose oder unruhige Beine. Diese Krankheit fügt den Betroffenen nicht nur körperliches Leid hinzu, sondern kratzt auch enorm an der Psyche jedes Einzelnen.
RLS-Patient verspüren oftmals einen starken Bewegungsdrang. Ursache dieses Bewegungsdrangs ist häufig ein unangenehmes Kribbeln (oft beschrieben als „Ameisenlaufen“), Jucken, Ziehen oder Stechen, das vor allem dann auftritt, wenn sich Patient in Ruhe befinden, zum Beispiel nachts während des Schlafes. Durch Bewegung (Aufstehen, Umhergehen) erleben Betroffene in der Regel eine kurzfristige Besserung der Beschwerden, die jedoch in der nächsten Ruhephase rasch wieder zurückkehren.
Typische Situationen, in denen RLS-Beschwerden auftreten
- Ruhiges Liegen oder Sitzen
- Längere Autofahrten, Bus- oder Flugreisen
- Bettlägerigkeit im Krankheitsfall (z. Bsp. bei Krankenhausaufenthalten)
- Vortragsveranstaltungen, Kino- oder Theaterbesuche
- Fernsehen
- Erzwungenes Stillsitzen (z. Bsp. Dialysebehandlung, Gipsverbände oder gar berufliche Meetings)
Zucken der Arme und Beine, häufige Begleiterscheinung des RLS sind unbewusst und in Regelmäßigen Abständen wiederkehrende Zuckungen der Beine, manchmal auch der Arme (sogenannte "Periodic Limb Movements, PLM), die vor allem während des Schlafs auftreten. Diese periodischen Zuckungen können von den Betroffenen nicht bewusst kontrolliert werden und führten ebenfalls zu einer starken Beeinträchtigung der Nachtruhe, da sie das Einschlafen oder Durchschlafen erschweren. Häufig stören diese periodischen Arm- und Beinbewegungen dabei nicht nur den RLS-Betroffenen selbst, sondern auch seinen Bettpartner.
Der ständige Drang, sich zu bewegen, kann für Betroffene auf Dauer sehr belastend sein. Insbesondere die durch die Krankheit bedingten Ein- und Durchschlafstörungen können zu körperlicher und seelischer Erschöpfung führen und die Lebensqualität stark einschränken. Schätzungen zufolge sind in Deutschland bis zu 10% der Gesamtbevölkerung von RLS betroffen.
Wie schwer die Krankheit ausgeprägt ist, kann dabei individuell sehr unterschiedlich sein. Während einige Patient stark betroffen sind und medizinische Behandlung benötigen und sehr unter den RLS-Beschwerden leiden, tritt die Erkrankung bei anderen RLS-Patienten in einer leichteren Form auf.
Die Diagnose RLS (Restless Legs Syndrom) muss einwandfrei festgestellt werden. Gehen Sie zu einem RLS erfahrenen Neurologen oder lassen Sie sich in ein Schlaflabor überweisen, das auf RLS spezialisiert ist.
Primäres (idiopathisches) Restless-Legs-Syndrom
Der Begriff "idiopathischen" bedeutet dabei, dass die Erkrankung ohne erkennbare Ursache entstanden ist; der Auslöser des RLS ist somit nach aktuellem Stand der Medizin unbekannt.
Die Ursachen des primären RLS sind bislang noch nicht vollständig erforscht. Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Störungen des Gehirnstoffwechsels an der Entstehung beteiligt sind. Der körpereigene Botenstoff Dopamin scheint hier eine entscheidende Rolle zu spielen. Dopamin ist unter anderem für die Steuerung und Kontrolle von Bewegungen zuständig. Es wird vermutet, dass eine Störung im eigenen Dopamin-System vorhanden ist, der die Beschwerden auslöst.
Die Vermutung kann belegt werden durch die Behandlungsergebnisse von Medikamenten, die ähnlich wie das körpereigene Dopamin auf die Kommunikation zwischen Muskeln und Gehirn wirken.
Vielmehr scheint das primäre RLS eine erbliche Komponente zu besitzen. Viele Betroffene, wie auch ich, berichten nicht nur sie selbst, sondern auch andere Familienmitglieder seien von der Erkrankung betroffen. Weitere Untersuchungen sind jedoch erforderlich, um festzustellen, wie genau die einzelnen Gene an der Krankheitsentstehung beteiligt sind. Bei Betreffenden, die von einem "vererbten RLS" betroffen sind, treten die Krankheitszeichen in der Regel früher auf als bei anderen Betroffenen - oft schon im Kindes- oder Jugendalter.
Betroffene, die unter dieser Form leiden, erkranken oftmals deutlich früher als andere an RLS.
Sekundäres (symptomatisches) Restless-Legs-Syndrom
Bei dieser Form des RLS treten die Symptome / Beschwerden im Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung oder eines Mangelzustandes auf, auch hier kann es unterschiedliche Auslöser haben.
- Eisenmangel
- Nierenerkrankung
- Nervenschädigung
- Einnahme bestimmter Medikamente
- Schwangerschaft
- Operationen mit erhöhtem Blutverlust
gehören zu den häufigsten Auslösern. Auch durch eine Schwangerschaft oder durch Einnahme bestimmter Medikamente können die Beschwerden hervorgerufen werden.
In der Regel kann man hier ableiten, sobald einer der Faktoren behoben ist, zum Beispiel der Eisenmangel, verbessert sich auch das Syndrom.
Es ist deshalb enorm wichtig, hier einen Facharzt zu kontaktieren und dies abklären zu lassen.
Wie verläuft das RLS?
Beim RLS-Syndrom sind der Verlauf und die Langzeitprognose individuell sehr unterschiedlich. Grundsätzlich kann das RLS in jedem Alter auftreten. Bereits Kinder und Jugendliche können von der Erkrankung betroffen sein. Ein besonderes hohes Risiko besteht für Kinder, wenn die RLS-Erkrankung vererbt wird und bereits andere Familienmitglieder erkrankt sind. Besonders häufig sind jedoch ältere Menschen vom RLS betroffen. Bei einigen Betroffenen nehmen die RLS-Symptome dabei im Laufe des Lebens zu. Dies bedeutet, dass die beschwerdefreien Zeiträume kürzer und seltener werden oder sich die Beschwerden auf andere Bereiche des Körpers ausdehnen können. Auch können andere Erkrankungen - beispielsweise ein starker Eisenmangel - bereits bestehendes RLS-Syndrom zusätzlich verstärken.
Viele Faktoren entscheiden über den Krankheitsverlauf
Die Unterschiedlichen Formen des RLS-Syndroms zeichnen sich auch durch einen unterschiedlichen Krankheitsverlauf aus. So gilt das primäre RLS generell als eine "chronisch-progredient" bedeutet dabei, dass die RLS-Beschwerden mit zunehmendem Alter zumeist häufiger auftreten und immer stärker werden können. Bei einem sekundären RLS hingegen, dass durch verschiedene andere Faktoren oder Grunderkrankungen hervorgerufen werden kann (Eisenmangel, Schwangerschaft, Medikamente), verschwinden die Beschwerden oft, nachdem die Auslöser beseitigt worden sind. Die Prognose - also die Vorhersage, wie sich die Krankheit entwickelt - ist beim RLS-Syndrom daher von Betroffenen zu Betroffenen verschieden.
RLS führt zu Schlafmangel und Müdigkeit
Vor allem am Abend und in der Nacht finden Betroffene keine Ruhe, da zu dieser Zeit der Bewegungsdrang meist am stärksten ausgeprägt ist. Gerade, wenn die Betroffenen müde sind, verhindert der zwanghafte Bewegungsdrang die Entspannung und das „Zur-Ruhe-Kommen“.
Bei vielen Betroffenen treten daher Einschlafstörung und Durchschlafstörungen mit häufigem Erwachen auf. Durch den Schlafmangel fühlen sich Betroffene tagsüber oft abgeschlagen und müde; die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit im Alltag sinken. Die unruhebedingte Schlafstörung und die daraus resultierende Tagesmüdigkeit sind daher auch der häufigste Grund für einen Arztbesuch.
Die RLS-bedingten Schlafstörungen können zu Schlafmangel, Müdigkeit und Erschöpfung führen.
RLS - eine seelische Belastung
Bei RLS-Patienten, die sehr stark von der Erkrankung betroffen sind, können zusätzlich zu Schlafstörungen und Müdigkeit auch seelische Probleme auftreten. Viele Betroffene vermeiden Kontakte, ziehen sich immer wieder zurück und wirken gereizt oder unzufrieden.
Auswirkungen von RLS im Alltag
Durch den ausgeprägten Bewegungsdrang kann die RLS-Erkrankung auch starke Auswirkung auf das Berufsleben haben. Viele Betroffene berichten, dass es ihnen schwerfällt, bei langen Meetings ruhig sitzen zu bleiben, oder an Geschäftsreisen teilzunehmen. Um den Betroffenen zu helfen, ist es sehr wichtig, dass die Diagnose RLS so früh wie möglich gestellt und eine wirksame Therapie gefunden wird.
Die richtige Diagnose stellen
Die Diagnose des Restless Legs-Syndrom ist eine klinische Diagnose. Das bedeutet, dass die Krankheit anhand des Berichts der Beschwerden diagnostiziert werden kann. Eine unter stützende Rolle für die Diagnostik spielt die Polysomnografie. Dabei werden im Schlaflabor die Beinbewegungen (Periodic Limb Movements, PLMS) gemessen und Atmungspausen während des Schlafes (z.B. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, OSAS) erkannt und im Wachzustand (PLMW) sowie eines gestörten Schlafprofils unterstützen die Diagnose.
Heute gibt es im Schlaflabor neueste mobile Geräte, etwa so groß wie ein Päckchen Butter, sodass der Patient nicht mehr mit vielen Kabeln herumlaufen muss. Er trägt einen "Bauchgürtel", und die Daten werden kabellos über WiFi übertragen, so ist ohne weiteres ein Aufstehen und Umhergehen während der Nacht möglich. Bei 85 % der Patienten mit einem RLS treten Periodische Beinbewegungen während des Schlafes (PLMS) auf, die die Diagnose unterstützen. Die Polysomnographie dient dabei auch dem Ausschluss anderer Bewegungs- oder Atmungsstörungen im Schlaf, die zu einer Verstärkung der RLS-Beschwerden beitragen können.
Die Diagnose RLS, JA oder NEIN wird in einem Schlaflabor, dass sich auf RLS spezialisiert hat, zweifelsfrei festgestellt. Stellt sich heraus, dass der Patient tatsächlich unter "RLS" leidet, wird er in der zweiten Nacht medikamentös eingestellt. Auch stellt sich die Frage, wie schwer die Symptome sind und wie sehr Sie die Erkrankung in Ihrem Alltag beeinträchtigt. Zu diesem Zweck wird man Ihnen einen Fragebogen vorlegen, den Sie möglichst selbstständig ausfüllen sollten (Rückfragen sind natürlich erlaubt). Der International RLS Severity Scale (IRLS) umfasst 10 Fragen, die der Patient zu beantworten hat. Dabei geht es um folgende Themen:
• Stärke der Beschwerden in Beinen und ggf. Armen
• Stärke des Bewegungsdrangs
• Wie stark ist die Linderung durch Bewegung?
• Grad der Störung des Schlafs
• Ausmaß der Tagesmüdigkeit aufgrund dessen
• Stärke der Beschwerden insgesamt
• Häufigkeit des Auftretens (definiert)
• Stärke des Auftretens (def. als Zeitdauer)
• Auswirkung auf den Alltag/Beeinträchtigung
• Beeinträchtigung der Stimmung (Depression/Angst)
Zu jeder Frage werden 0 bis 4 Punkte vergeben, wobei die 0 für „nicht vorhanden” und die 4 für „sehr schwer” steht. Insgesamt sind also 40 Punkte zu vergeben. In Zehnerschritten wird das jeweilige Ergebnis in mildes (1-10 Punkte), mittelgradiges (11-20 Punkte), schweres (21-30 Punkte) und sehr schweres RLS (31-40 Punkte) eingeteilt. Das ermöglicht im weiteren Ver lauf auch eine Abschätzung des Erfolgs der Therapie. In den meisten Fällen verbessert sich der IRLS-Score durch eine korrekt durchgeführte Arzneimittelgabe um 10-15 Punkte.
Unterstützende Kriterien:
· Positiver L-Dopa-Test (Besserung >50% auf 100 mg Levodopa)
· Periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS oder Wachzustand (PLMW)
· Positive Familienanamnese
· Schlafstörungen
RLS ist zwar eine chronische Krankheit und nicht heilbar – aber, mit der richtigen Behandlung kann man diese Erkrankung jedoch durchaus „in den Griff bekommen“. Neben einer medikamentösen Therapie können unterschiedliche nicht medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten den unruhigen Beinen Ruhe bringen. Um die Krankheit besser zu verstehen, möchten wir Ihnen auf den folgenden Seiten neben den Symptomen und Ursachen der RLS-Erkrankung auch verschiedene Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten vorstellen und Ihnen wertvolle Tipps zum Leben mit dem RLS geben.